Wendet man sich vom Rausch ab, so eröffnen sich plötzlich neue Welten – vor allem in der Nacht, denn man beginnt wieder zu träumen. Eigentlich absurd – man entsagt den rauschenden Zwischenwelten, um sich der mentalen Aktivitäten während des Schlafes auszuliefern. Viele meiner Träume bewegten mich gar einst, den Entschluss zu fassen niemals rauschfrei schlafen zu gehen – aus Angst meinem Unterbewusstsein machtlos, ja hilflos gegenüberstehen zu müssen. Oftmals sind meine Träume so realistisch und ergreifend, dass sie mich geradezu verstören, mich verliebt oder verachtend machen und meinen Tag vollends überschatten. Wozu Träume gut sind, wissen wir nicht – einen Zweck werden sie garantiert irgendwie haben. Für mich hatten sie lange keinen Zweck, waren sie doch ganz im Gegenteil Mittel, um mein Leben zu (zer-)stören. So langsam jedoch erkenne ich, dass ich meinem Unterbewusstsein seinen Raum lassen muss, denn es atmet in meinen Träumen, verarbeitet auf abstruse und bizarre Art das Erlebte und konfrontiert einen im schwächsten Moment – wenn man hilflos da liegt – mit den eigenen tiefsten, aber auch flüchtigsten Gedanken, Wünschen und Ereignissen. Manchmal wird ein Mensch erst durch einen Traum präsent oder eine Situation erst im Traum in ihrer gänzlichen Breite verstanden. Überbewerten sollte man das nicht – erinnern manche Träume doch eher an Wahnvorstellungen und Geisteskrankheit als an wahre Ängste oder Sehnsüchte. Und ist es nicht vielmehr so, dass wir erst im Traum zur Ruhe kommen? Denn erst im Traum kulminiert die Widersprüchlichkeit der Welt und der ewige Dualismus wird uns gewahr, er wird fühlbar und wirklich. Wehren können wir uns im Traum nicht – vielmehr können wir es als Übung benutzen, die Absurdität der Welt anzunehmen.
Schaffen wir es diese Ruhe in die Wirklichkeit zu transportieren, das Leben mit Widersprüchen zu akzeptieren, so können wir uns dem wahren Denken hingeben. Oftmals habe ich das Gefühl, nicht in der Wirklichkeit zu sein, vor allem wenn ich mit meinen geistigen Vertrauten, die auch dieses Blog fleißigst und ebenso brillant kommentieren, den „Kopf in den üblichen Wolken der philosophischen Spekulation“ stecken habe. Doch fühle ich mich erst dann wirklich lebendig.